Verkehrsweg: Allee
Schilling
Im 18. Jahrhundert freute sich der Reisende, wenn eine Allee seinen Weg begleitete. Sie diente der Orientierung im Winter und bei Nacht, sein Wagen konnte nicht vom Weg abkommen, im Sommer bot sie Schatten. Und war er im Spätsommer in einer Obstbaumallee unterwegs, lieferte sie ihm Wegzehrung.
Mit zunehmender Verkehrsdichte und erhöhten Geschwindigkeiten geraten die positiven Seiten der Alleen immer mehr aus dem Blickfeld. Die Diskussion zentriert sich auf die möglichen Gefahren durch Alleen im Straßenverkehr. "Bitte nicht gegen die Bäume fahren." so lautete der Slogan, der Anfang der 90er Jahre in Brandenburg helfen sollte, Unfälle in Alleen zu verhindern. Um die Frage, wer Schuld ist an den oft drastischen Unfällen, Baum oder Fahrer, wird schon lange gerungen. Für die einen sind die Bäume das Problem, sie sollten nicht an Verkehrsstraßen stehen. Die anderen fordern, dass das Fahrverhalten den Alleen angepasst wird. Davon hätten Autofahrer einen doppelten Gewinn: Sie schützen sich und andere und können außerdem die Fahrt durch die Allee genießen.
10 Gebote für "sicheres Fahren"
Baum-Unfälle und deren Folgen
Pro Jahr verunglücken viele Autofahrer bei Verkehrsunfällen, etliche davon auch bei Baum-Unfällen. Wie viele davon Allee-Bäume waren, lässt sich nicht sagen. Denn nur einzelne Bundesländer erfassen Unfälle in Alleen oder allgemein an Straßenbäumen getrennt. Daher lassen sich Aussagen über den Zusammenhang zwischen Bäumen am Straßenrand und Unfalltod nicht auf der Grundlage der vorhandenen Statistiken herleiten. Die Unfallzahlen bieten aber Zündstoff für eine heftige Diskussion um Bäume am Straßenrand.
Die Debatte - "Contra Alleen"
Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen hat im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr eine "Empfehlung für den Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäume" (ESAB) entwickelt, die derzeit diskutiert wird. Darin wird u.a. empfohlen, an stark befahrenen Hauptstraßen altersschwache Bäume zu fällen und nicht zu ersetzen. Neue Bäume sollen laut ESAB an allen Straßen nur in einem großem Abstand vom Fahrbahnrand gepflanzt werden, hinter Schutzplanken oder an nebenrangigen Wirtschaftswegen. Damit würden die charakteristischen Alleen aus dem Straßenbild verschwinden.
Die Debatte - "Pro Alleen"
Landstraße bei Poseritz (Rügen).
Quelle: Ingo Lehmann
Gegen diese Pläne wenden sich viele Organisationen und Einzelpersonen. Sie sprechen sich für eine vernünftige Güterabwägung zwischen der Verkehrssicherheit und dem Schutz der Alleen aus und plädieren dafür, die Verkehrssicherheit in Alleen durch angemessenes Verhalten der Menschen zu erreichen. So sollen in erster Linie die Fahrer zu verantwortungsvollem Fahren in Alleen animiert werden. Erreicht werden könnte dies durch generelle Senkung der Fahrgeschwindigkeit in Alleen, verbunden mit verstärkten Kontrollen, gezielte Vorbereitung der Fahranfänger auf sicheres Fahren in Alleen mit speziellen Fahrsicherheitstraining bereits in der Fahrschule. Darüber hinaus können passive Schutzeinrichtungen wie etwa Leitplanken an besonders gefährlichen Stellen für mehr Sicherheit sorgen. Wichtig ist in jedem Fall: einen Kompromiss zu finden, um Sicherheitserwägungen gerecht zu werden und gleichzeitig den unverkennbaren Charakter der Alleen zu bewahren.