Lindenallee im ehemaligen Schlosspark Eythra
Foto: Gunter Arndt
Lieblingsallee von Gunter Arndt, Heimatverein Zwenkau:
Die Lindenallee des ehemaligen Schlossparkes Eythra liegt im Bundesland Sachsen im südlichen Leipziger Neuseenland in der Flur der Stadt Zwenkau. Am südöstlichen Ende der Allee steht auf einem kleinen Hügel das „Trianon“, eine künstliche Tempelruine mit drei dorischen Säulen und einem Architrav. Im Norden endete die Allee früher am Eythraer Schlosspark, heute reicht sie dort nahe an das Südufer des neu entstandenen Zwenkauer Sees heran.
Die Allee ist nur für Wanderer und Radfahrer erreichbar über die mittlerweile unbefestigte, ehemalige Verbindungsstraße von Zwenkau nach Eythra. Diese Straße war in historischer Zeit als „Knüppeldamm“ durch ein sumpfiges Auengelände angelegt, deshalb ist sie den Einheimischen bis heute als „Stockweg“ bekannt. Als breiter Wanderweg führt diese Route heute durch das Eichholz, einen Restbestand des ehemaligen Auwaldes der „Weißen Elster“. Den Fluss selbst sucht man hier aber inzwischen vergeblich, denn er wurde in den 1970er Jahren wegen des voranschreitenden Braunkohle-Tagebaus Zwenkau auf einer Länge von etwa 14 Kilometern weit nach Westen verlegt. Sein künstliches Flussbett – landläufig „Beton-Elster“ genannt - umschließt heute das gesamte Westufer des Zwenkauer Sees. Das Dorf Eythra musste etwa zwischen 1983 und 1986 dem Braunkohleabbau weichen. Die zuletzt etwa 2.500 Bewohner von Eythra wurden umgesiedelt. Die überbaggerte ehemalige Ortslage befindet sich heute komplett im Bereich des Sees, ebenso große Teile des nördlich von Eythra gelegenen, ehemaligen Dorfes Bösdorf/Elster.
Der letzte Kohlezug verließ den Tagebau Zwenkau am 30. September 1999, damit war der Raubbau an unserer Landschaft gestoppt und der Weg für den Beginn der Sanierung der Bergbau-Folgelandschaft frei. Nach vollständiger Flutung (voraussichtlich Ende 2015) wird der Zwenkauer See mit fast 10 Quadratkilometern Wasserfläche der größte im Leipziger Neuseenland sein.
Foto: Holger Osswald
Naturdenkmal Lindenallee
Die Lindenallee wurde vor 1750 angelegt, die ältesten Linden haben heute
ein Alter von etwa 275 Jahren. Von der ursprünglich 600 Meter langen,
aus 400 Bäumen bestehenden vierreihigen Allee existieren nur noch etwa
400 Meter, da ein Teil der Baumreihen bereits wegen des herannahenden Bergbaus
devastiert wurde. Der Zustand der historischen Linden ist – dem Alter
der Bäume geschuldet - eher schlecht. Neben einem hohen Totholzanteil
sind auch Rindenschäden und Fäulnis Ursachen dafür, dass jedes
Jahr einige Bäume umstürzen.
Dauerhafte Erhaltung
Ein nachhaltiges Konzept zur dauerhaften Erhaltung der Allee war lange Zeit
nicht in Sicht. Dieses Naturdenkmal und kulturhistorische Kleinod nicht
nur zu bewahren sondern zu revitalisieren, machte der Heimatverein Zwenkau
Ende 2011 zu seinem derzeit anspruchsvollsten Projekt. Die inzwischen
erfolgte Übertragung des Areals vom Bergbausanierer LMBV an
die Stadt Zwenkau machte ein solches Ziel endlich umsetzbar.
Unser Heimatverein war
Anfang 2012 mit einem Spendenaufruf an die Öffentlichkeit gegangen, was
spontan auf eine erfreuliche Resonanz stieß. Dieses nachhaltige Vorhaben überzeugte
im März 2012 auch die Jury des seit 2010 jährlich ausgeschriebenen
Lokalen Spendenprogramms „Wir für hier“ der in der Region
ansässigen DOW Olefinverbund GmbH, die uns dafür die höchste
Förderung des Jahres 2012 zusprach.
Heimatverein Zwenkau
Das Engagement des Heimatvereins Zwenkau für dieses Natur- und Kulturdenkmal
ist nicht neu. Bereits im Sommer 2002 war die künstliche, einige Jahre
zuvor unnötigerweise abgetragene Tempelruine am südöstlichen
Ende der Allee auf Initiative des Heimatvereins und mit breiter Unterstützung
von Privatpersonen und Institutionen aus den Originalteilen wiedererrichtet
worden. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Förderung durch die 2001
gegründete „Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land“ der
Sparkasse Leipzig.
Im Jahre 2005 setzten Heimatfreunde historische Grenzsteine nahe dem Trianon,
die in den Jahren zuvor aus dem Tagebau-Vorfeld gesichert worden waren. Die
Steine markieren den authentischen Verlauf der Grenze zwischen dem Königreich
Sachsen und der von Sachsen abgespaltenen Preußischen Provinz Sachsen,
der die Allee hier quert. Die Grenzziehung erfolgte im Rahmen einer territorialen
Neuordnung Europas nach den Festlegungen des Wiener Kongresses von 1814/1815
nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft. Davon war auch unsere Region betroffen.
So ging der Ort Zitzschen nach Preußen, während Eythra und Zwenkau
sächsisch blieben.
Ursprünge der Allee
Wo liegen nun die Ursprünge der Allee, was ist ihr Hintergrund? Die Lindenallee
des ehemaligen Eythraer Schlossparkes sowie die künstliche Tempelruine
sind die einzigen noch existierenden Relikte des ehemaligen Dorfes Eythra.
Park und Allee waren seit jeher beliebte Wanderziele, insbesondere der Leipziger
und natürlich stets auch „Lieblingsorte“ der Eythraer selbst.
Lassen wir den Leipziger Maler und Schriftsteller Paul Daehne zu Wort kommen,
der 1933 in den „Leipziger Neuesten Nachrichten“ schrieb: „In
der Aue der Weißen Elster, am Saume des flinken Mühlwassers, umkränzen
schattige Wälder einen sonnigen Felderplan, der von einer wundervollen
vierreihigen Lindenallee halbiert wird. Jene Lindenallee mündet in einen
schönen, tiefen Park ein. Sie endet achsengerecht vor dem Herrenhause,
so dass man von dessen Sälen einen reizenden Blick in den langen
grünen Laubtunnel genießt. Zum Zeichen des heiteren Geistes, der
hier waltete, hatte man den größten Innenraum mit dekorativen Bildern
aus der römischen Campagna ausgeziert ... und ... im Einklang damit steht
die künstliche Tempelruine am jenseitigen Ende der Allee, von uneingeweihtem
Volke mit einem ‚Galgen des Hochgerichts‘ verwechselt“.
Daehne war offenbar von Schloss, Park, Allee und Tempelruine als Gesamtkunstwerk
beeindruckt. Die im „Römischen Saal“ etwa um 1795 angebrachten
Bildtapeten zeigten Motive aus der Campagna Romana, einer hügeligen Landschaft
in der Umgebung Roms.
Die Aussicht vom Römischen Saal im ersten Obergeschoss des Eythraer Schlosses
fand im Südosten jenseits von Park und Allee mit der um 1790 errichteten
Tempelruine ihren „Point de Vue“ – wie man einen Blickfang
in der „besseren Gesellschaft“ jener Zeit zu nennen pflegte. Vorbild
für das Bauwerk waren ähnliche Säulen im Weimarer Park an der
Ilm, die aber seit langem nicht mehr existieren.
Die Umgestaltung der Eythraer Schloss- und Parkanlage war über zwei Generationen
hinweg das Werk der Grafenfamilie von Werthern, die mit ihrer Anlehnung an
antike Vorbilder dem klassizistischen und romantischen Zeitgeist des ausgehenden
18. Jahrhunderts folgten. Einige Überlieferungen sprechen davon, dass
Trianon und Römischer Saal möglicherweise auf Anraten Goethes in
dieser Weise gestaltet wurden.
Was haben wir als Heimatverein bisher getan, um dieses Refugium aus Lindenallee
und Trianon, wo Naturdenkmal und Kulturhistorie aufeinandertreffen, zu erhalten?
In Zusammenarbeit mit der Stadt Zwenkau und mit Unterstützung der Behörden
des Natur- und Denkmalschutzes konnten ab Ende 2012 die zunächst in einigen
Punkten durchaus konträren Interessen der Beteiligten zu einer gemeinsamen
Strategie vereint werden mit dem Ziel, den in den zurückliegenden Jahrzehnten
vernachlässigten und durch Bergbaufolgeerscheinungen geschädigten
historischen Baumbestand zu sichern, zu pflegen und die Allee vor allem durch
geeignete Maßnahmen zu verjüngen.
In der Zukunft
Perspektivisch soll die Sichtachse vom Südufer des Zwenkauer Sees bis
zum Trianon wieder hergestellt werden, was die Rekonstruktion der Lindenallee
auf ihre originale Länge einschließt. Das Gelände dafür
ist vorhanden, wurde aber bislang noch von der LMBV für die Wasserhaltung
im Bereich des Sanierungstagebaus genutzt. Der zu ergänzende Abschnitt
der Allee wird später bis an den unmittelbaren Uferbereich des Sees heranreichen
und muss völlig neu angelegt werden.
Im Rahmen des Projektes wurden zunächst mehrere Bänke zum Verweilen
und Ende 2013 zwei Schautafeln mit Informationen zur Allee und zum ehemaligen
Ort Eythra aufgestellt. Entscheidend aber ist, dass der Heimatverein durch
das bisherige Spendenaufkommen in die Lage versetzt wurde, einen Zwenkauer
Gartenbaubetrieb mit der Pflanzung von zunächst 20 Winterlinden mitteldeutscher
Herkunft in vorhandene Bestandslücken beauftragen zu können (erwarteter
Umfang Ende 2014). Dazu wurde als „Starthilfe“ für die jungen
Bäume auch ein Pflegevertrag abgeschlossen.
Dort wo das derzeitige nördliche Ende der Allee auf den unlängst
asphaltierten See-Rundweg trifft, wird noch im ersten Halbjahr 2014 ein Gedenkstein
zur Erinnerung an unseren verlorenen Nachbarort Eythra aufgestellt, der in
einen noch fertig zu stellenden Rastplatz integriert wird.
Lindenallee und Trianon bilden nun wieder eine bleibende Oase der Natur und
für die ehemaligen Eythraer noch immer einen Ort der Erinnerung und Heimatverbundenheit.
Die Revitalisierung und Gestaltung des Areals wird noch über viele Jahre
eine ständige Aufgabe bleiben, die auch weiterhin Unterstützung benötigen
wird. Aber für uns als Heimatverein ist die Freude, die wir vielen Natur-
und Heimatfreunden mit unserem Engagement bereiten, der schönste Lohn
für unsere Arbeit. Den Dank dafür geben wir gerne auch an alle Unterstützer
- Privatpersonen, Vereine und Unternehmen - weiter.
Heute treffen sich an der künstlichen Tempelruine gerne Hochzeitsgesellschaften
und kommen ehemalige Schüler aus Eythra anlässlich von Klassentreffen
zum Gruppenfoto zusammen. Zum Pfingstfest findet alljährlich am Trianon
ein „Gottesdienst im Grünen“ statt.
7Seen-Wanderung durch die Allee
Anfang Mai wird die Allee seit Jahren zu einem Höhepunkt der „7Seen-Wanderung“. Dann
erstrahlen die Allee im Fackelschein und das Trianon im nächtlichen Lichterglanz,
wenn die zahlreichen Wanderer auf den ersten Kilometern dieses großen
Sportereignisses im Leipziger Neuseenland nach Einbruch der Nacht die alten
Baumreihen durchqueren und vor Erreichen der eindrucksvoll beleuchteten Kulisse
der Tempelruine die alte Grenze von Sachsen nach Preußen überschreiten.
Foto: Gunter Arndt