Obstbaumalleen in der Elbtalaue mit der Allee des Jahres 2009

Allee
Foto: Joachim Roemer
Niedersachsen
Lieblingsalleen von Joachim Roemer, Lüneburg:

Sie heißen Gute Graue, Alexander Lucas, Poiteau, Gräfin von Paris oder Prinzessin Marianne. Sie stehen auf der rechten Elbseite des Landkreises Lüneburg im Amt Neuhaus/Niedersachsen, in der Nähe des kleinen Dorfes Bohnenburg, etwa auf einer Linie zwischen Lüneburg in Niedersachsen und Schwerin in Mecklenburg-Vorpommern.Und sie gehören zu einem Verbund von etwa 60 Kilometern alter Obstbaumalleen. Dort stehen sie zusammen mit dem Gelben Richard, Harberts Renette, Kaiser Wilhelm, dem Wohlschmecker aus Vierlanden und vielen anderen bis zu 100 Jahre alten Apfel-, Birnen- und Pflaumenbäumen.
Von Neu Bleckede im Westen bis nach Wehningen im Osten reihen sich etwa 6.000 dieser Veteranen aus einer Zeit, in der das Straßenobst noch zur Versorgung der Bevölkerung geerntet wurde. Sie haben ein bewegtes Jahrhundert überlebt und sich gegen alle Entwicklungen und den immer stärker zunehmenden Straßenverkehr gestemmt.

Die Birnbaumallee bei Bohnenburg (Allee des Jahres 2009!) ist Teil der Elbuferstraße (Kreisstraße und Landesstraße) im Amt Neuhaus zwischen Wehningen im Osten und Neu Bleckede im Westen. Sie ist Teil des Europäischen Elberadweges.

Wenn man in einer Verwaltung für Landentwicklung arbeitet...

Im Jahre 2000 weckten sie die Aufmerksamkeit der Niedersächsischen Verwaltung für Landentwicklung in der Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften Lüneburg. Dort kümmert man sich seit der Rückgliederung des Amtes Neuhaus nach der Wende von Mecklenburg-Vorpommern nach Niedersachsen um die Entwicklung des ländlichen Raumes durch flächendeckende Flurbereinigungsverfahren. Ich erhielt damals den Auftrag, mich im Rahmen meiner Zuständigkeit für Naturschutz und Landschaftspflege in der Behörde, Möglichkeiten zur Erhaltung der Alleen zu prüfen und Konzepte zu entwickeln. Schnell wurde der Wert der alten Alleen als Refugium vieler Tiere, aber auch als Kulturerbe und genetischer Schatz erkannt. Gemeinsam mit der Straßenbauverwaltung, dem Landkreis und den Gemeinden wurde ein Konzept entwickelt mit dem Ziel "Schutz durch Nutzung". Es ging also nicht nur um den Erhalt, sondern auch um die Inwertsetzung der Bäume als Lieferant köstlicher Früchte.
Pomologen und Landschaftsplaner haben die Alleen begutachtet und wir haben ein Sanierungsprogramm für alle Bäume aufgelegt und zudem noch die Lücken mit fast 4.000 neuen Hochstämmen bepflanzt. Die Bewohner haben wir eingebunden durch Vorträge, Sortenbestimmungstage und Schnittkurse. Auch Beschäftigte der Straßenmeistereien haben an Lehrgängen teilgenommen, um sich für ihre neue Aufgabe fit zu machen.


Foto: Joachim Roemer
Ein Paradies der Göttin Pomona, das es zu entdecken gilt

Zu jeder Jahreszeit sind die Obstbaumalleen im ehemaligen Grenzgebiet in der Flusslandschaft Elbe einen Besuch wert. Im Frühjahr bezaubert die Baumblüte, im Spätsommer und Herbst leuchten die Früchte und laden zum vitaminreichen Imbiss ein, bei Nebel, Eis und Schnee zeigen sich die Bäume als bizarre Landschaftselemente. Sie sind das verbindende Element der Dörfer entlang der Elbuferstraße, die ihrerseits mit ihren Obstwiesen und Hausbäumen den einmaligen Charakter dieser Landschaft betonen.

Lehrpfade erläutern die Bedeutung

Für die Gäste der Elbtalaue wurden elf Sortenlehrpfade eingerichtet. 100 Altbäume mit 44 verschiedenen Sorten erhielten ein Namensschild, 270 Jungbäume mit 84 verschiedenen Sorten eine Banderole. Tafeln erläutern die Herkunft und Verwendung der Sorten und erzählen Geschichten über die Entstehung, die Sortenvielfalt und die ökologische Bedeutung des Straßenobstanbaus. Übersichtskarten leiten den Besucher sicher von einem Ort zum nächsten. Gemeinsam mit den Kreises Prignitz, Altmark und dem Landkreis Lüchow-Dannenberg bilden die Alleen den länderübergreifenden Verbund "Route der Alten Obstsorten". An den Wirtschaftswegen haben die B¨ume vom Bio-Streuobstverein Elbtal e.V. die Biozertifizierung erhalten, gesünder geht es nicht.

Aus dem Beruf wurde eine Berufung

Viele Jahre führt mich der Weg nun schon von Lüneburg über die Elbe im Amt Neuhaus zu den Alleen. Fast schon möchte ich sagen zu meinen Alleen, obgleich mir kein einziger Baum gehört. Schon lange ist die Erhaltung dieser Alleen mehr als nur eine berufliche Aufgabe. Manchmal habe ich das Gefühl, es ist eher eine Berufung. Dass dabei gerade die Birnbäume mir besonders an Herz gewachsen sind, mag vielleicht an ihrem stolzen aufrechten Wuchs liegen. Sie zeigen, was sie sind - imposante, wertvolle, liebenswerte und schmackhafte Schöpfungen.

Dank an alle Mitwirkenden

Bei so einer Aufgabe darf man nicht alleine gelassen werden. Und so gilt mein Dank den Eigentümern dieser Bäume: dem Land Niedersachsen, dem Landkreis Lüneburg, der Gemeinde Amt Neuhaus und der Stadt Bleckede. Sie haben immer hinter dem Projekt gestanden. Ohne sie wäre kein Baum saniert oder neu gepflanzt worden. Ein besonderer Dank auch an die Bundesagentur für Arbeit. Sie hat das Projekt mitfinanziert und geholfen, dass zwei Jugendliche aus Neuhaus wieder eine Arbeitsstelle erhalten haben. Dieter Schröder danke ich für seinen unermüdlichen Einsatz als Bauleiter. Und nicht zuletzt bedanke ich mich beim Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung und bei meiner Behördenleiterin Claudia Korte, dass auch sie mich immer bei dieser Arbeit unterstützt haben, die einen hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand erfordert hat. Dass nach der Auszeichnung als bestes Beispiel niedersächsischer Landentwicklung nun die Auszeichnung der Birnbaumallee bei Bohnenburg als Allee des Jahres erfolgte, wird allen bestätigen, dass sie richtig gehandelt haben.

Warum es meine Lieblingsallee ist?

Fahren Sie hin!

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